Von Jessica Wille, Die Glocke
„Als die Bomben fielen, haben wir uns im Kartoffelkeller versteckt. Man wollte uns erschießen. Könnt ihr euch das vorstellen?“ Als Maria Pickert von ihren Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg erzählt, hören die Schüler der Oelder Gesamtschule gebannt zu. Sie begeben sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Eine Reise, die die Schüler in einem Buch mit Kurzschichten festhalten wollen..
Es ist bereits das zweite literarische Projekt im Rahmen der sogenannten Perle-Stunden, das die Gesamtschule in Zusammenarbeit mit Schriftsteller Marcel Bomhof auf die Beine stellt. In diesem Jahr erleben 33 Sechstund Siebtklässler die Vergangenheit hautnah. Sie sollen sich so fühlen, wie sich die Jugendlichen vor 70 Jahren gefühlt haben. „Viele können sich nicht vorstellen, wie die Menschen früher gelebt haben“, sagt Marcel Bomhof. Unter dem Titel „Wege in die Vergangenheit“ werden die 11- bis 13-Jährigen Kurzgeschichten verfassen. Als Grundlage dienen ihnen Geschichten aus dem wahren Leben. Sie besuchen Bewohner der ambulanten Wohngemeinschaft St. Franziskus Oelde.
Maria Pickert, geboren in Schloß-Holte, wird Ende Oktober 80 Jahre alt. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war sie noch sehr jung. Dennoch gehen ihr die grausamen Szenen nicht mehr aus dem Kopf. „Ich sehe noch heute diesen Tiefflieger, wie er den Hebel betätigt hat. Dieses Glänzen in seinen Augen – er wollte uns umbringen“, sagt sie. Ihr gegenüber sitzen Jule, Emely, Jana und Charlin. Schnell notieren sie Zitate. Dass die Seniorin, die mit ihnen an einem Tisch sitzt, den Krieg miterlebt und dem Tod ins Auge gesehen hat, schockiert die Schülerinnen. „Es ist zwar sehr spannend, aber auch erschreckend. Wir finden das Projekt gut, weil wir erfahren, wie es früher war“, sagt Jule Grewer.
„Jetzt habe ich euch das Schlimmste erzählt, was ich in meinem Herzen trage“, sagt Maria Pickert. Als eine Schülerin die 79-Jährige fragt, wie sie ihren Mann kennengerlernt habe, gerät die Seniorin ins Schwärmen: „Beim Tanzen. Er war so ein toller Tänzer. Aber das bleibt unter uns“, sagt sie und lacht.
Annette Nordhorn, Hausleitung der ambulanten Wohngemeinschaft St. Franziskus Oelde, begrüßt das Gesamtschulprojekt. „Ich finde es sehr gut, dass sich Alt und Jung austauschen. Alle Bewohner hier haben bewegte Geschichten. Das ist auch für die Kinder spannend“, sagt sie.